Hörarchiv

Ein Jahr lang arbeiten die jungen AutorInnen in der Kölner Schreibschule an ihren Texten. Sie verfassen Romane, Gedichte, Erzählungen und Theaterstücke. Danach sprechen sie diese in einem Tonstudio selbst ein. In unserem Hörarchiv können die Werke jederzeit nachgehört werden.

Viel Freude beim Hören!

 

 

Annika Windisch - Ungebetene Gäste zu Besuch (2023)

Ungebetene Gäste zu Besuch
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"Es ist ein kühler Herbstmorgen in dem kleinen Dorf, in dem die Frau mit dem buckeligen Rücken wohnt. Mit mürrischem Blick sitzt sie auf ihrem Balkon.In einer Hand die Tasse, die ihre Enkel ihr aus Trondheim mitgebracht hatten und in der anderen Hand die Zeitung von letzter Woche..."

Max Filor - Küchentisch (2023)

Küchentisch
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"Ich sitze am Küchentisch und lese die Zeitung. Carlotta kommt herein. „Und?“, fragt sie. „Gibt’s was neues aus der Welt?“ „Wladimir Putin ist ermordet worden.“ „Echt?“ „Nein.“..."

Maya Kuzu - Story Straße 1 (2023)

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"Ich lief die nasse Straße entlang. Es war früh am Morgen, die Sonne war noch nicht aufgegangen. Dicke Regentropfen fielen vom Himmel auf die Straße herab. Es war kaum ein Mensch unterwegs.  Ein paar Leute hetzten an mir vorbei, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Ich glaubte nicht an den Teufel...."

Sophia Reinecke - Allein, in dieser grauen Nacht (2023)

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"Ich liege allein in der Schaukel, in der ich zum ersten Mal geküsst worden bin. Denke zurück an ihre Hand in meiner, die meine Hand noch wärmt, mein Herz jedoch kalt lässt. Um mich herum graue Nacht und die zwischen uns wechselnden Worte, die keine von uns mehr zu erreichen scheinen...."

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Erik Baum - "Zimmer 3 P" (2020)

Ein dystopischer Text über Freundschaft, Liebe und die vergebliche Hoffnung auf eine lebbare Zunkunft

Zimmer 3 P
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"Ich kann mich noch genau an 00:00 erinnern. Wenn ich die Augen schließe, spüre ich wieder die stetigen Stöße im Rücken, als mein Pflegebett durch die einsamen Flure rollte, höre das Zischen der Aufzugstüren, sehe diese kalten Deckenlichter über mir hinweg ziehen, während ich immer weiter durch diese stillen, leeren Gänge gleite. …"

Wellen (2020)
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Manuel Olles - "Violette Geranien" (2020)

Von Liebe und Vergänglichkeit

Violette Geranien
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"Die Wellen peitschten auf die mit Steinen verzierte Brandung ein paar hundert Meter unter ihnen. Sie kamen von den Segelschiffen, welche mittwochs immer am örtlichen Hafen anlegten. Durch die untergehende Sonne funkelte das Wasser in allen möglichen Farben. Der leichte Frühsommerwind wehte durch seine Haare…"

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Lena Kautz - "Gegensätze ziehen sich an - Gemeinsamkeiten aus" (2018)

Ein Text über die Vergänglichkeit der Liebe, über Versuche, Akzeptanz und Erinnerungen.

Gegensätze ziehen sich an - Gemeinsamkeiten aus
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„Ich weiß, was du meinst“, ist das was du mir antwortest, während du in der Zeitung versunken deinen Wein schlürfst. Dabei weiß ich nicht einmal selber was ich meine. Ich meine, klar, ist da eine Bedeutung hinter meinen Worten. Aber diese Worte sind so weit von dir entfernt, dass du nicht dahinter schauen kannst.

Wenn man sich vorstellt, jeder von uns ist eine Stimmgabel. Auf einen anderen Ton geeicht aus dessen Empfindlichkeit heraus sich die Welt um einen herum zusammensetzt, dann wären unsere Töne so viel weiter voneinander entfernt als Oktaven, nicht einmal zur selben Zeit spielbar. ...

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Marie Germer - "Spiegelscherben" (2018)

Davon, sich selbst zu lieben und sich treu zu bleiben.

Spiegelscherben
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Mit Farbe Lage um Lage
Schicht für Schicht alles behandelt
Mit Pinsel und Rouge
Pickel und Narben übermalt
Für die Perfektion wird die Haut glatt wie Asphalt

Ein Gesicht zeigt, wo ich gewesen bin
Und der Spiegel zeigt, wie ich mich sehen will,
wie andere mich gern hätten
so sieht man meine Bilder
gespiegelt in Glas

...

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Isabelle Mollen - "Blau" (2018)

Ein Text über das Erwachsenwerden, über Hoffnung und Angst, über Liebe.

Blau
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Ich stelle den Wecker aus, ehe er klingeln kann, und schiebe mein Handy in die Tasche meiner Jogginghose. Die anderen sollen weiterschlafen. Ich richte mich auf, streife dabei die dünne Decke ab und schaue mich ein paar Sekunden lang um. Von hier oben wirkt das Etagenbett viel zu hoch. So leise wie möglich krabbele ich über die Matratze und klettere dann, Sprosse für Sprosse, die Leiter hinunter.

...

Ich bücke mich und ziehe die schmale Packung aus der Seitentasche meines Rucksacks. Man soll den Test mit Morgenurin machen – halb sieben, das dürfte Morgenurin sein. Auf Socken schleiche ich aus dem Zimmer und ziehe die Tür vorsichtig wieder zu. ...

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Malte Kern - "2,31" (2018)

Ein Gedicht

2,31
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Müde sich noch im Kreise drehend
verfällt die Welt im Nebel

Boden der sich langsam nähert
erschwert der Hand das heben 

leerender Zug am Abend
Magen und Inhalt entzweit

am nächsten Tag schon abgefahren
Ächzen und Dröhnen bleibt

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Carl Strunz - "Welcome to Sky Valley" (2018)

Eine ungewollte Reise, Abenteuer gegen Sicherheit, das Gute im vermeintlich Bösem, Ausbruch aus dem Alltag.

Welcome to Sky Valley
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Er kann sich erinnern sich wie er einschlief. Es war ziemlich spät, Jakob hatte sich die Zähne geputzt, ein großes Glas Wasser aufgefüllt und auf seinen Nachtschrank, zwischen die Packung Ibuprofen und die kleine Buddha Statue gestellt. Dann hatte er seine Schlafklamotten angezogen und sich in sein Bett gelegt.

Er kann sich erinnern wie er aufwachte. Sein Kopf tat ihm weh, es war ein stechender Schmerz. Er ärgerte sich, weil er nicht das Gefühl hatte ausgeschlafen zu sein und es noch dunkel war. Sofort wusste er was er zu tun hatte. Mit noch geschlossenen Augen griff er nach links zu den Ibuprofen auf seinem Nachttisch. Er griff ins Leere. ...

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Ilaria Appel - "Kubistisches Bild" (2018)

Über Selbstwahrnehmung und Wünsche an sich selbst.

Kubistisches Bild
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Ich fühle mich wie ein kubistisches Bild.
Zerbrochen. Bestehend aus anderen Teilen.
Irgendwie kantig, nicht einförmig, ich rage aus allen Ecken heraus, bin zu lang, strecke mich zu weit, ziehe mich zurück, bin ganz klein.
Ich bin aus Holz. In sich geschlossen und hart. Die Holzmaserungen sind die der Türen meiner Oma, rund und kunstvoll, sie schlingen sich um sich selbst.
Ich habe das Gefühl, ich splittere. Ich kann mich nicht ganz in einem Teil erhalten, ich muss zerfallen. Bin ich überhaupt Masse?

...

Ich will ein offenes Fenster sein, aus dem Musik kommt, mit einer weißen Gardine vielleicht, die leicht im Wind weht und einer Fensterscheibe, in der sich der Himmel blau spiegelt. ...

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Marie Illiev - "Schmetterling", "Welle des Lebens" (2018)

Vom Mut machen und Loslassen.

Schmetterling
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Ich bewundere Schmetterlinge

Sie sind so zerbrechlich
können durch eine Berührung sterben
trotzdem fliegen sie.

Manchmal fühle ich mich wie einer von ihnen

Wörter können zerbrechlich machen
aber auch berühren

...

Welle des Lebens
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Sie trägt dich
wenn du es zulässt

Zulässt
dass manches kommt und geht

Zulässt
dass Einiges nicht zu ändern ist
dass das Vergangene vergangen bleibt

...

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Celia Brandt - "Nachts" (2018)

Über eine heimliche Liebe und den Zauber von Lieblingsorten.

Nachts
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Mit hoch erhobenem Arm stehe ich in der Küche und führe die herabhängenden Spaghetti in meinen Mund. Sie sind kalt und trocken von heute Mittag. In der ganzen Wohnung ist es dunkel, nur über mir brennt ein spärliches weißes Licht.

Ich schalte es aus und lausche. Außer dem Ticken der Uhr an der Wand ist es mucksmäuschenstill. Auf Zehenspitzen schleiche ich zur Eingangstür. Geübt umgehe ich die quietschenden Dielen. Ich schlüpfe in Schuhe und streife eine Jacke über. Selbst noch im Treppenhaus versuche ich leise zu gehen, obwohl ich jetzt nur noch hoffen kann, dass sie nicht aufwachen und nach mir sehen. ...

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Hannah Schwonke - "Vorlesung" (2018)

Eine Fantasy-Geschichte über die Entscheidung für eine Trennung, um zu leben.

Vorlesung
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Von der Abendsonne in ein warmes Orange gehüllt strahlten ihre Flügel uns bereits aus der Ferne entgegen. Nie zuvor hatte ich einen wahrhaftigen Engel außerhalb des Schlachtfeldes gesehen, frei von Rüstung und Waffen.

Trotz ihres merkbar größeren Bauches wirkte Shaara wie eine Figur reiner Eleganz, kerzengerade und mit feinen Zügen, die ihr Alter makellos überspielten. Bloß vorsichtig breitete sich ein Lächeln auf ihren Lippen aus, als sie zaghaft die Arme in unsere Richtung ausstreckte. Ohne lange darüber nachzudenken beschleunigte ich meine Schritte, joggte erst und rannte dann schließlich auf sie zu.

Und in jenem Moment, in dem wir einander in die Arme fielen, lachte sie und ich weinte. ...

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Julie Serette - "Jolie" (2018)

Bea hat Visionen, sieht Schatten und mag keine Veränderungen.

Jolie
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Der erste Satz ist Standard. Mr. Lark sagt ihn jedes Mal, wenn ich sein Büro betrete, "Wie geht es dir heute, Bea?". Seit unserem ersten Treffen vor zwei Jahren. Und meine Antwort war jedes Mal dieselbe. "Gut.". Er lächelt mich, von seinen Platz an seinen Schreibtisch, an. "Das freut mich" und so fängt unser Kreislauf an. Er schlägt meine Mappe auf. "Hast du wieder eine Vision gehabt?" Ich nicke. Ich will sie ihm nicht erzählen. Er wird mir wieder nicht glauben. Für ihn bin ich nur eine Verrückte, wie jeder andere hier. ...

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Judith Adams - "Ein Gespräch mit Gott" (2017)

Ein Text über das Älterwerden und alt sein, über Verlust und Verwirrung - und das Positive daran.

Ein Gespräch mit Gott
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Die warmen Strahlen der bronzefarbenen Herbstsonne schienen ihm in den Nacken und ließen den moosgrünen Weiher in der Mitte des Parks leuchten. Er saß auf einer morschen Bank am Ufer des Weihers und sah den Kindern auf dem Spielplatz beim Toben zu. In Gedanken malte er sich aus, wie sie wohl heißen mochten und was sie erwartete, wenn sie älter wurden.

Er ließ seine zittrigen Fingerspitzen über sein braunes Tweedjackett tanzen, als ihn eine Gruppe laut lachender Teenager aufschreckte. ...


Isabelle Mollen - "Vorher" (2017)

Es ist ein Telefonat von knapp vier Minuten. Aber es ist so viel mehr: Gefühle, Vorstellungen, Vertrautheit, Liebe.

Vorher
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Ich weiß, dass du allein zu Hause bist. Du hauchst die Worte ins Telefon, ich erkenne deine Stimme sofort. Sehe vor mir, wie du in deiner großen, leeren Wohnung stehst, vor der bereits abgeschlossenen Balkontür, und nach draußen schaust. Keine richtige Begrüßung, nicht die übliche Wie-geht-es-dir-Frage. Nur dieser eine Satz, der doch so viel mehr ist als nur ein Satz. ...


Daniel Quaintrell - "A und Z" (2017)

Ein Spiel mit der Sprache, ein Text über Freundschaft und vor allem übers Anderssein, sich selbst kennen, neu kennen lernen und treu bleiben. 

A und Z
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Eines Tages fand sich "Aal, der" am anderen Ende des Wörterbuchs wieder. Sein Anfangsbuchstabe "A" sah anders aus als die Z's von "Zypern" und "Zynismus" und "zyklisch". "Aal, der" hatte die guten alten Tage vergessen, als er noch zwischen Aachen und aalglatt gestanden hatte. Und so lernte "Aal, der" nur Wörter kennen, die mit Z anfingen. Gerade mit "Zynismus, der" verstand sich "Aal, der" überhaupt nicht. 

Das allein hätte "Aal, der" überlebt. ...


Luca Hubrig - "Rote Fäden" (2017)

Es beginnt mit Liebeskummer und endet mit einer ganz besonderen Reise.

Rote Fäden
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Wütend stampfe ich die Straße runter und weiche den Touristen aus, die gefühlt an jeder Ecke stehen und Gebäude fotografieren, als wären diese in irgendeiner Hinsicht außergewöhnlich. "Ich verstehe das einfach nicht", jammere ich in mein Handy und schließe kurz die Augen, als mich der Schmerz ein weiteres Mal überrollt. "David ist ein Idiot! Er weiß gar nicht zu schätzen, was er an dir hat", bemerkt meine beste Freundin Leslie, die vermutlich am anderen Ende der Leitung in ihrem Zimmer auf und ab geht. 

Auf einmal läuft jemand in meine Einkaufstaschen rein und bringt mich zum Stolpern. Als er einfach weitergeht ohne sich zu entschuldigen, werfe ich ihm einen bösen Blick zu. "Arschloch", murmle ich. ...


Kiki Neugebauer - "Nur wie ein Muster im Stein" (2017)

Eine Fantasy-Geschichte über Freundschaft, Liebe, Schuld und den Rollen, die erfüllt werden müssen.

Wie ein Muster im Stein
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Manchmal stellt sie sich die Zeit wie einfach nur eine weitere Dimension im Raum vor. Wie ein Muster im Stein. Momente und Erinnerungen sind nicht vergangen, sie sind nur ein Teil des Musters, den Sanrak jetzt nicht mehr sieht, weil sie sich weiterbewegt hat. 

Sie sind nicht vergangen, sie existieren immer noch, nur außerhalb ihrer Wahrnehmung. Es wäre also immer noch diese Zeit, als Sanrak noch beinah ein Kind war und sie mit Khunra im violett-hellgrünen Gras saß, hinter ihr ragten die Häuser auf, wie Felsmassive, und von der zweiten Spezies hörte, mit der sie, die Hansack, in der Unendlichkeit des Alls in Kontakt gekommen waren. Eine Spezies, die sich "Mensch" nannte. ...