Thomas Seelig

Wo und in welcher Funktion sind Sie tätig?

Seit 2018 als Leiter der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang in Essen. Das Museum Folkwang ist Teil des „Zentrums für Fotografie Essen“ mit den Partnern Ruhr Museum, Historisches Archiv Krupp und Folkwang Universität der Künste. 

Welche Sammlungsschwerpunkte sind in Ihrer Institution vertreten?

Die Sammlung des Museum Folkwang umfasst rund 65.000 Objekte, das rund 100.000 Abzüge umfassende Girardet-Archiv als Dauerleihgabe der Ruhr-Universität nicht eingeschlossen. Die Sammlung umfasst vor allem künstlerische und journalistische Photographien aus den 1920er-Jahren, der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie der Gegenwart und betreut sechs PhotographInnen-Nachlässe (Errell/Richard Levy, Germaine Krull, Helmar Lerski, Walter Peterhans, Fee Schlapper, Otto Steinert). 

Welche Impulse und Angebote sollten aus Ihrer Sicht von einem neuen, wegweisenden Bundesinstitut für Photographie ausgehen?

Das Bundesinstitut sollte in drei Phasen verschiedene Impulse geben. Vor der Gründung sollte es eine inhaltliche und strukturelle Diskussion mit allen Stakeholdern des zukünftigen Instituts anstoßen. In Gründung sollten die photographischen Infrastrukturen der Bundesrepublik und deren Bedürfnisse Berücksichtigung finden, in welcher Form eine zukünftige Zusammenarbeit bestehender Archive und Sammlungen mit dem Bundesinstitut zu gestalten ist. Im laufenden Betrieb sind Impulse im Sinne einer offenen, moderierenden, in die Zukunft gerichteten Rolle bei Fragen zur Archivierung, zum Sammeln, zum Erhalt und zur Neuproduktion von photographischen Werken wünschenswert. Eine oder mehrere Fachkomission/en sollen über Strategien von Förderungen, Nachlassbearbeitungen, Projektschwerpunkten etc. entscheiden. 

Über welche Ausstattungen / Räumlichkeiten/Einrichtungen sollte ein zukunftsweisendes Institut für Photographie verfügen?

WissenschaftlerInnen, ForscherInnen, RestauratorInnen und KuratorInnen sollen aus ihren Perspektiven an der Sicherung des bundesdeutschen Kulturguts Photographie beteiligt sein. Dazu sollen sie finanziell und vom Raumbedarf optimal ausgestattet sein. Priorität soll die Sicherung und Beforschung von Nachlässen und Teilnachlässen haben, die temporär aufgearbeitet werden. Das Bundesinstitut soll keine kompletten Nachlässe, sondern nur exemplarisch Werke sammeln. Wissenschaftliche Ergebnisse werden in einem kleinen Showroom der Öffentlichkeit vermittelt. Das Bundesinstitut ist darüber hinaus ein Ort des wissenschaftlichen Austauschs im nationalen und internationalen Kontext. 

Wie sollte der Austausch zwischen bereits bestehenden, mit Photographie befassten Institutionen mit einem neuen „idealen“ Haus für Photographie gestaltet sein?

Das Bundesinstitut ergänzt die bereits existierende Infrastrukturen und erarbeitet eine öffentlich zugängliche Datenbank zu Nachlässen, Archiven, Sammlungen etc. Es initiiert Symposien, Tagungen, Weiterbildungen und fördert den wissenschaftlichen Austausch. 

Was bedeutet für Sie „national bedeutsames photographisches Erbe“?

Der Begriff soll möglichst offen interpretiert werden. Künstlerische Photographie, Amateurphotographie, gewerbliche Photographie sollen stellvertretend und in Ausschnitten gesammelt sowie analog und digital zugänglich gemacht werden.

Kurzbiographie

Thomas Seelig ist seit 2018 Leiter der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang in Essen und kuratierte Ausstellungen zu Marge Monko, Anastasia Mityukova, Aenne Biermann, Thomas Albdorf, „21.lettres.a.la.photographie@gmx.de”, Soham Gupta und Timm Rautert. Er studierte Visuelle Kommunikation/Fotografie an der Fachhochschule Bielefeld, gefolgt von einem kuratorischen Studienprogramm an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht. Von 2003–2018 war er Kurator/Sammlungskurator am Fotomuseum Winterthur (von 2013–2017 dessen Direktor), und dort an der Entwicklung des experimentellen Ausstellungformats SITUATIONS beteiligt. Ausstellungen u.a. „Im Rausch der Dinge” (2004), „Forschen und Erfinden” (2007), James Welling (2013), Onoroto/Krebs (2015), Jungjin Lee (2016), „The Hobbyist” (2017) und Balthasar Burkhard (2018).


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